Erst als die Sonne schon tief stand und ich zurück ans Ufer musste, merkte ich wie ausgepowert ich war. Aber diesmal war es anders als sonst. Auch früher schon schleppte ich mich mit letzter Kraft in meinen VW Bus, schmiss den Gaskocher an, plauderte mit Freunden und genoss das ultimative, wohlige und erhabene Gefühl. Auch früher benötigte ich nach solch extremen Sessions mehrere Tage, um wieder zu regenerieren und den Muskelkater loszuwerden.
Aber diesmal merkte ich, dass etwas in meinem Körper nicht stimmte. Etwas wesentliches in mir war aus den Fugen geraten. Ein Gefühl, dass ich vorher nie erlebt hatte. Ich fühlte mich hundeelend, wie gerädert und völlig ausgezerrt, mir war schwindelig, übel und ich war extrem kraftlos.
In der folgenden Nacht kam ich nicht zur Ruhe und hatte ein unbeschreiblich elendiges Gefühl. In den Folgetagen nahm dies nur langsam wieder etwas ab. Insbesondere der nicht erholsame Schlaf blieb. Nachdem ich mir etwas Ruhe angetan hatte, testete ich mich wieder auf körperliche Belastung. Zu meinem Erschrecken stellte ich fest, dass mein Körper sich gegen die Belastung zu sträuben schien. Irgendetwas in mir bäumte sich auf, als wäre ich allergisch dagegen. Die Lymphknoten schwollen an, ich bekam Herzrasen und Schweißausbrüche, ein schwaches und gleichzeitig angespanntes Gefühl machte sich breit und ich musste häufig zur Toilette, bis ich irgendwann ganz ausgetrocknete Lippen hatte und Elektrolyte nahm, um meinen Wasserhaushalt wieder auszugleichen. Auch bekam ich vermehrt Herzprobleme, Stiche und ein Druckgefühl in der Brust und das Gefühl, als würde sich ein Fremdkörper in meiner Lunge befinden.
Bei den ersten Arztbesuchen guckte ich nur in verwunderte Gesichter. Man hatte noch nicht mal eine Begrifflichkeit für den Zustand. Aber ich sollte vielleicht mal Vitaminpräparate aus der Apotheke nehmen, um mein Immunsystem wieder zu stärken.
Schließlich suchte ich mir auf Empfehlung eines Freundes einen neuen Hausarzt, der auch sogleich von einem „chronischen Fatigue“ sprach und von einer ehemaligen Patientin berichtete, die er an die Charité Berlin verwiesen hatte und die „aber heute auch kein Sport mehr machen könne“. Weiterhin empfahl er mir eine Psychotherapie, woraufhin ich nicht nur verwundert, sondern regelrecht wütend wurde. Ich hatte ein rein körperliches Leiden, was sollte da eine Psychotherapie helfen? Die Antwort auf diese Frage blieb er mir schuldig.